Aus dem Leben

Schon seit ich sieben Jahre alt bin, begleitet mich Dr. Petry und seine Arbeit. Oder ich begleite ihn seit ich sieben bin – wie auch immer man das sehen mag. Früher jedenfalls als kleine Patientin und heute als (meist) erwachsene Mitarbeiterin. Schon damals habe ich diese Form seiner Therapie als etwas Mystisches, Geheimnisvolles und Mächtiges erlebt. Ich konnte dem Ganzen natürlich in keiner Weise folgen. Trotzdem: Stärkste Neurodermitis, immer wiederkehrende Bronchitis, Übelkeit, Borreliosebeschwerden haben immer unverblümt und positiv auf die Behandlung angesprochen. Ich vertraue schon seit Kindheitstagen auf diese Therapie und auf das große Ganze, was sich hinter all dem verbirgt. Es ist wirklich erstaunlich: Bei meinem Zahnarzt den Mund freiwillig zu öffnen hat NIE funktioniert. Auch wenn er nur in meinen Mund hineinsehen wollte und als Belohnung tolle Überraschungen auf mich warteten. Keine Chance! Von Dr. Petry habe ich mir mit sieben Jahren über mehrere Sitzungen hinweg jeweils etwa zwölf Akupunkturnadeln in die Ohren jagen lassen. Das lässt sich nicht nur auf das heilige Spaghettieis danach zurückführen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir als Kinder einfach intuitiver wissen, was uns wirklich hilft, was wirklich heilt und „ganz“ macht. Als Kinder sind wir noch nicht so sehr von unserem Verstand eingenommen. Der Verstand, der ja alles in den vorgegebenen, materialistischen Rahmen, der uns in der Schule und im Studium als Rationalität, „Realität“ und Wirklichkeit vermittelt wird, pressen will. Als Kinder spüren wir, auf wen wir wirklich vertrauen können. Ich danke hier auch meinen Eltern, die sich schon immer durch „Andersartigkeit“ und Querdenken ausgezeichnet haben. So durfte ich schon früh diese heilsamen Erfahrungen machen und damit natürlicherweise groß werden, ohne Tabletten zu schlucken oder Operationen zu unterliegen. Mein Vertrauen hat sich bis heute nicht geändert. Ich war schon immer von der medizinischen Tätigkeit, vom Heilmachen, vom „Ganz-Machen“ begeistert und eingenommen. In diesem Sinne habe ich Psychologie studiert – „das Erleben und Verhalten des Menschen“. Ich war gefesselt von der Vorstellung mehr über das Innenleben, die Tiefe, die unerschöpfliche Weite des menschlichen Seelenlebens und den Bewusstseinsebenen zu erfahren. Wie dieses menschliche Wesen im Kontext des Großen Ganzen steht, wie die Beziehungen in diesem Kosmos zueinander sind, welche Grenzfragen sich darin hinsichtlich Physik und Psychologie finden und welche Wunder wir doch sind. Das Studium hat mich dahingehend bitter enttäuscht: Statistiken, Geschichte, das subjektive Erleben, geistige Vorgänge in Zahlen, Maßstäbe und enge Richtlinien zu pferchen und dann noch als wissenschaftliche Wahrheit verkaufen – was für eine riesen Scheiße! Es resultiert aus diesen Vorgehensweisen natürlich viel Gutes und nicht alles, was mit diesen Maßnahmen durchgeführt wird, ist „falsch“, aber das war einfach überhaupt nicht das, was ich mir unter dem Erleben und Verhalten des Menschen vorgestellt habe – diese wundervolle Naivität, die wir als junge Menschen noch so viel stärker bei uns tragen.

Ich habe mich immer gefragt: Wo bleibt also bei diesem Studium die Echtheit? Wo bleibt
da die Menschlichkeit – dass ich den anderen als Menschen sehen kann? Was hat das
noch mit Mensch- Sein zu tun? Irgendwie in meinen Augen überhaupt nichts. Und was
hat das noch mit Bildung zu tun? Was bildet sich hier eigentlich tatsächlich? Bildung
bedeutet in meinen Augen, dass ich als Mensch wahre Erkenntnis erlange. Ich lerne zu
erkennen, was das „Jetzt“, „was diese Zeit ist“: mit aktuellen gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen, vergangenen Gegebenheiten und Zukunftsneigungen; mit dem,
was dieser Mensch mir gegenüber mit sich bringt; das, was ich gerade mit mir selbst als
Thema zur Situation beitrage; dass ich ein Bild davon in mir trage, das zu jedem Zeitpunkt
angepasst ist, das zu jeder Zeit zu Wandel bereit ist, das widerrufen und in Frage gestellt
werden kann, das unterschiedliche Perspektiven einnehmen und durch eine klare
Wahrnehmung gekennzeichnet ist. Aus diesem Erkennen, was „an der Zeit ist“ darf dann
ein weises Handeln folgen, eine Handlung, die wirklich not-wendig (die die Not wenden
kann) ist, weil ich weiß, dass es an genau „dieser Zeit“ ist, dies und jenes zu tun. Ein so
unabhängiges Handeln erfordert eine Freiheit des Denkens, besser gesagt, eine Freiheit
des Menschen, der nicht in irgendein System eingebunden und davon gefesselt ist. Was
wir aus den meisten Studiengängen lernen, ist genau das Gegenteil: Wir sammeln stupide
totes Wissen an, wir lernen in einem unmenschlichen System wie Maschinen zu
funktionieren, es ist oft ein gewalttätiges Abrufen von starren, unbeseelten Methoden.

Das mag sich nicht auf alle, aber auf eine Vielzahl von unterschiedlichsten Berufsbildern
beziehen. Nun bin ich persönlich aber doch sehr froh, studiert zu haben. Denn dieses
Studium hat mich genau an diese Erkenntnis geführt. Die Erkenntnis, dass das, was
vermittelt wird, nicht DIE Wahrheit ist. Es wird ein Teilaspekt, eine Sichtweise, eine
Perspektive einer Wahrheit, die zu einer bestimmten Zeit auch Wahres beinhaltet,
weitergegeben. Wenn es so etwas wie DIE Wahrheit überhaupt gibt. Fest steht für mich
jedenfalls: Es ist nicht Teil meiner eigenen, individuellen Wahrheit. Ich glaube nicht mehr
an die Wahrheit des Studiums, einer Religion, einer Wissenschaft, eines Systems und der
Werte, die darin vermittelt werden. Es hat mich gelehrt, alles zu hinterfragen, auch wenn
es ein offizielles Gütesiegel, ein Zertifikat, eine Auszeichnung o.ä. besitzt. Es hat mich
gelehrt, dass ich mich wieder mehr auf mein Gefühl, meine Wahrnehmung, meine Intuition
verlassen darf. Das ist die Haltung zu Bildung, die ich aus meinem (Selbst-)Studium
gewonnen habe und die sich immer noch weiter in mir, durch andere, für andere(s) bildet
und weiterentwickelt.

Nun ja. Es ist irgendwie nicht verwunderlich, dass ich mit dieser Einstellung keinen Fuß
in dieser Branche fassen wollte. Ich wollte schon immer den Menschen hinter der Fassade
erkennen, all die Echtheit, Ursprünglichkeit und Natürlichkeit kennenlernen. Den
Menschen in seiner wahren Farbe sehen. Dort, wo er noch ganz ist, wo er gesund ist. Da,
wo er nicht von seinem Ego eingenommen, nicht von seiner Angst gesteuert, nicht von
der Außenwelt manipuliert und von Systemen gefesselt ist.

Da mich das Psychologiestudium nicht so befruchtet hat, wie ich mir das wünschte, ich
mich aber weiterhin nach einem Ziel und Bildung sehnte, kam das nächste Ziel: Der
Heilpraktiker (an welchem ich immer noch arbeite). Aber auch hier folgen meiner
Erwartung nach Erleuchtung, Erkenntnis und Wahrheit, nüchterne Ent-Täuschung; mit
anderen Worten das Ende folgender Täuschung: Bildung ist nichts, was einem gegeben
wird, es wird einem nicht durch ein Studium „übergestülpt“, eingeflößt oder geschenkt.
Bildung ist Teil einer Selbsterkenntnis – das eigene, eingefahrene Weltbild, die
vermeintliche Sicherheit, die Angst vor Eigenverantwortung, zu überwinden und alles
bisher Geglaubte in Frage zu stellen.

Es ist kein Zufall, dass ich in all dieser Zeit des Erkennens, Ausprobierens, Erlebens und
Lebens weiterhin Angestellte in der Praxis von Dr. Petry war. Manch einer mag
heutzutage wohl seinen Beruf danach auswählen, wie gut man verdient, wie viel Geld am
Ende des Monats in der Kasse landet. Das ist kein unerheblicher Faktor; das wäre
gelogen. Nichts desto trotz bleibe ich dort nicht des Geldes, des Materiellen wegen (auch
wenn ich mir dadurch mein Leben finanzieren kann – Danke an dieser Stelle). Wenn wir
die Wahl haben, ergibt es für niemanden Sinn wertvolle Lebenszeit, Momente des Lebens
zu vergeuden, an Orten zu sein und Zeit mit Menschen zu teilen, deren Werte, deren
Haltung zum Leben nicht der unseren entspricht. Wir verletzen uns damit nur selbst. Das
kann keine Finanz „ausgleichen“, das kann kein materieller Konsum auf irgendeine Art
und Weise ersetzen. Demnach empfinde ich, es ist an der Zeit, dass wir einen Beruf
wählen, zu dem wir uns „be-rufen“ fühlen. Ein Beruf und damit ein Leben, in dem wir ganz
wir selbst sein können mit all unseren Talenten, all unseren Fähigkeiten, all unserer
Menschlichkeit.

Über die Jahre als Mitarbeiterin bei Dr. Petry ist mein Weltbild unzählige Male (oft initiiert
durch meinen Chef selbst – danke dafür) erschüttert worden. Prägend war die Einsicht,
dass ich nicht, wie ursprünglich einmal angedacht, seinen Platz einnehmen könnte, sein
Verfahren weiterleben, seine Methode ausführen könnte. Im ersten Moment ist diese
Erkenntnis wie ein Schock, es fühlt sich für das Ego wie eine enorme Backpfeife an –
versagen, nicht genügen, bla-bla-bla.

Dem Himmel sei Dank, dass das alles so gekommen ist. Mein Psychologiestudium, die
Heilpraktikerausbildung, meine Arbeit bei Dr. Petry. Wie soll ich als Kristin, als weibliches,
individuelles Wesen, das Mensch-Sein eines anderen leben? Wie soll ich das Lebenswerk
eines anderen ausführen, ohne dem eigentlichen Begründer und meinem eigenen Wesen
unrecht und Gewalt anzutun?

Ich habe gelernt, dass es nicht nur um das stumpfe, mechanische Abspulen einer
Methode oder das Anhäufen und Wiederkauen von Wissen geht.
Ich habe gelernt, wie Bildung geschehen kann: Den eigenen Chef jeden Tag für die eine
Sache „brennen“ zu sehen. Den eigenen Chef immer auf’s Neue Leidenschaft,
Enthusiasmus und Energie in eine „bessere“ Welt investieren zu sehen. Zu erleben, wie
das eigene Weltbild immer wieder in Frage gestellt wird, wie jeglicher Inspiration Raum
gegeben wird, neue Ideen entstehen, ausprobiert und wieder verworfen werden. Hautnah
dabei und in diesen Prozess involviert zu sein, ermöglicht selbst mutig zu werden,
Erfahrungen zu machen und keine Angst davor zu haben, Fehler zu machen. Sich selbst
treu bleiben und unaufhörlich seiner Bestimmung und Berufung zu folgen.
Was uns als angehende Heilpraktiker, aber auch in anderen Bildungsbereichen, fehlt, ist
genau das: Das tatsächliche Einfühlen, das Wahrnehmen mit allen Sinnen, die Erfahrung
durch einen wahren Meister, das Schärfen des Gespürs für die Gesamtsituation des
Patienten und vor allem das Einbetten dieser Methode/Lehre in das ganz eigene Wesen,
das Integrieren des Erlernten in die ganz eigene Therapie. Ich habe gelernt, dass wir
niemanden kopieren können. Erst durch das ureigene, individuelle Wesen jedes
einzelnen Therapeuten erhält es seine ganz eigene Lebendigkeit und Dynamik. In diesem
Sinne sind wir alle besonders, einzigartig und wertvoll. Es kann uns niemand Wissen
einflößen – es wäre totes, unlebendiges Wissen. Es wird erst dann zu Weisheit und
Erkenntnis, wenn wir das Wissen mit Erfahrung, Gespür und einem tiefen Verständnis
durch uns wieder lebendig werden lassen.

Das könnte als Anklage an die Studiengänge, Ausbildungen, Ausbilder, etc. angesehen
werden. Es ist kein Fingerzeig und auch keine Schuldzuweisung. Es ist mehr ein Appell
an all diejenigen von uns, die glauben (wie ich auch einmal), sie könnten Weisheit
„kaufen“, sie würden die Weisheit von „außen“ erhalten. Weisheit ist etwas, was wir bereits
in uns tragen; es ist als Zugang zur kosmischen Weisheit vorhanden. Wir dürfen in
unserem Leben lernen, diesen individuellen Zugang zu bedienen, ihn freizulegen. Wir
dürfen alles, was an uns herangetragen wird, alles Wissen, alle Erfahrung, alle Fehler
durch unser eigenes Wesen beseelen.

Wir dürfen mutig sein – mutig sein unsere eigenen Wege zu gehen.
Mutig sein, uns weiterzuentwickeln und bisher gekannte Erkenntnishorizonte zu
sprengen.

Auch wenn ich mithilfe der Therapie von Dr. Petry von so vielen Leiden, offensichtlichen
Krankheiten und Beschwerden geheilt und erleichtert worden bin, gilt dieser Text als
riesiges Dankeschön für die Hilfe, die Unterstützung, das unbeabsichtigte Führen und das
Mitheilen eines „kranken“, gefesselten Geistes, der befreit sein will, um wirklich Mensch
zu sein.

Danke.
Kristin